Fasten, das ist mehr als Diät und Verzicht auf Gaumengenüsse. Die moralische Kurzformel für die Fastenzeit lautet nicht selten: Ändere in ganz bestimmten Bereichen dein Leben!
Wir leben nicht nur in einer Überfluss- sondern faktisch auch in einer Wegwerfgesellschaft. Die Regale der Supermärkte und Kaufhäuser quellen über. Ein Drittel aller Lebensmittel landet
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laut einer Statistik weltweit im Müll. Die Welt des Konsums und des Marktes ist aus den Fugen geraten. Und wir sind es oft ebenfalls.
Fastenzeit neu erleben heißt auch, sich diese Maßlosigkeit bewusst zu machen und sich so zu orientieren, dass das eigene Leben nicht überschwemmt wird von etwas, das wir nicht mehr selbst steuern.
Ghandi, der viel über Fasten und Politik nachgedacht hat, sagt, Fasten muss mit Liebe verbunden sein.
Es geht nicht um Kasteien. Es geht nicht ums Verzichten an sich. Und schon gar nicht um griesgrämigen, freudlosen Verzicht. Im Gegenteil: Es geht darum, das eigene Verhältnis zu sich selber, zu den Dingen, zu Mitmenschen wieder ins rechte Lot zu bringen. Sein Inneres und auch das äußere Leben neu zu ordnen. Hinter eingeschliffenen Süchten wieder eine tiefe Sehnsucht zu spüren und diese Spur wieder aufzunehmen. Natürlich hat das Konsequenzen: spirituell, im Lebensstil, beim Essen und beim Konsum, in der Beziehung zu unserer Umwelt, im Verhältnis zu unseren Mitmenschen.
Beim Essen eines Apfels: Der achtsame Genuss des Einfachen – eine wunderbare Erfahrung von Fülle entdecken!
Wer fastet hat klare Gedanken, wird offener für Visionen und für tiefere spirituelle Erfahrungen. Fasten macht auch den Körper stärker und wacher. Die Augen werden heller, seelisch verstimmte Menschen berichten, dass durch das Fasten der Schleier von den Augen weggenommen wird, dass sie wieder „durchblicken.“
Sich Grenzen zu setzen ist wichtig, beim Essen wie beim Konsum: Frei entscheiden können, was brauche ich wirklich? Und was nicht mehr?
Früher hat man gefastet, um das, was man eingespart hat, anderen zu geben. Fasten, Almosen geben und Beten, das sind die drei Formen der Frömmigkeit im Judentum. Almosen geben sollte auch das Bewusstsein verändern und zu einem weiten Herzen führen. Indem ich faste, werde ich auch sensibler für andere Menschen, lasse sie an mich heran und werde solidarisch mit ihnen. Es geht darum, dass man merkt, wie sehr man selber im Überfluss lebt, dass man wahrnimmt, dass es anderen Menschen nicht so gut geht. Und für sich auch Konsequenzen daraus zieht.
Freier von Abhängigkeiten werden – Leib und Seele reinigen.
Die Fastenzeit will uns einladen, von Wegen umzukehren, die nicht weiterführen. Wir sollten überlegen, was wir besser machen können. Der eine achtet bewusster auf seine Ernährung. Der andere sieht seinen Terminkalender durch und überlegt, wo er mehr Freiräume schaffen kann, um sich mehr um die Kinder zu kümmern, mehr Zeit für die Familie zu haben oder lange schwelende Konflikte zu klären. Wenn wir die Fastenzeit so nutzen, um unser Leben zu reinigen, dann wird sie eine heilende und heilsame Zeit für uns werden.