Warum es für alle besser ist, bis ins hohe Alter einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen.
Seine Ansätze und Gedanken sind durchwegs revolutionär. Doch niemand würde Leopold Stieger deshalb als Revoluzzer bezeichnen. Eher als Pionier. Früher, sagt er, sei man von drei Lebensphasen ausgegangen: ausbilden, leisten, ausruhen. Doch diese Dreiteilung decke sich nicht mehr mit der Realität. Die Lebenserwartung steigt jeden Tag um sechs Stunden und liegt derzeit bei 83,6 Jahren (Frauen) bzw. 78,5 Jahren (Männer), das Pensionsantrittsalter mit 57 Jahren (Frauen) bzw. 58,9 Jahren (Männer) liegt deutlich unter dem gesetzlichen.
Lebensphase ohne Namen. Die Lebensarbeitszeit ist heute hingegen um acht Stunden geringer als im Jahr 1970, denn länger dauernde Ausbildungen führen zum späteren Jobeinstieg. Die Phase des Ausruhens verschiebt sich folglich nach hinten und eine neue dritte Phase ist im Entstehen, nämlich fit, fähig und frei. Wer heute mit 59 Jahren in Pension geht, hat ein Drittel des Lebens noch vor sich, aber dafür meist keinen Plan. Und das, obwohl viele die Pension als ein einziges Paradies herbeisehnen. Umgekehrt haben 20 Prozent vor dem Schritt in den Ruhestand regelrecht Angst.
In der Pension erleben zwar viele das Gefühl, alles zu haben, was sie brauchen, aber auch das Gefühl, nicht gebraucht zu werden. Vielen Menschen fehlt das Selbstwertgefühl. Deshalb ist es für mich essentiell, auch im Alter einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit.
Arbeitgeber sollen belohnt werden, Ältere im Unternehmen zu halten. Ältere denken zwar langsamer, aber gründlicher und haben eine viel größere Erfahrung. Unternehmen merken viel zu spät, welche Potenziale und welches Know-how ihnen verloren gehen. Arbeitnehmer wiederum sollten Anreize erhalten, nicht mit einem Schlag aus dem Berufsleben auszuscheiden.
Höheres Alter bringt auch viele Vorteile. „Midlife Gründer“ sind Firmengründer, die älter als 45 Jahre alt sind. Gab es im Jahre 2000 noch 722 Unternehmensneugründungen von Personen über 45 Jahren,verdoppelte sich die Zahl bis 2010 auf 1490. Dabei ist der Anteil von Frauen und Männern ausgewogen. Rund ein Drittel sind Akademiker.
Mein Fazit: Lebensveränderung kann die Lernbereitschaft für etwas Neues steigern. Arbeiten nach erreichtem Pensionseintrittsalter kann die Chance sein, neue Talente zu entdecken, die durch das Berufsleben „zugeschüttet“ waren, und dadurch dem Leben eine neue interessante Richtung zu geben. Viele Menschen die ich kenne, haben immer den Wunsch gehabt, etwas Neues zu machen, aber sich nie getraut. Jetzt erfüllen sie sich ihren Traum. Denn der Mensch ist nicht für das „Tachinieren“ gemacht! Und außerdem ist das derzeitige Pensionssystem angesichts steigender Lebenserwartung auf Dauer sowieso nicht finanzierbar.